Vegan? Schmeckt das?

Heute wollen wir Euch eines der gemütlichsten Cafés in Frankfurt vorstellen. „Edelkiosk“ ist das erste vegane Café Frankfurts und bietet jeden Tag selbstgebackene Kuchen, sowie leckere belegte Brötchen und Getränke an. Natürlich alles rein vegan! Hier trifft man sich zum gemütlichen Pläuschen oder entspannt beim Haselnuss-Latte und einem guten Buch. Aber auch zum Arbeiten zieht es die Frankfurter hier hin. Mit dem Laptop bewaffnet und einer leckeren veganen Zimtschnecke als Stärkung kann man es hier schon einmal ein paar Stunden oder gleich einen ganzen Tag aushalten. Für viele ist das „Edelkiosk“ so etwas wie das zweite Wohnzimmer geworden und nach unserem Besuch konnten wir genau verstehen warum.

Wir haben uns in dem Café mit der Gründerin Anna getroffen und mit ihr über ihren veganen Alltag sowie die Gründung des Cafés gesprochen.  Anna ist seit 6 Jahren Veganerin, aktive Tierrechtlerin und Gründungsmitglied des gemeinnützigen Vereins „Bio-Vegane Solidarische Landwirtschaft Frankfurt am Main“. Ihr findet das Café im Stadtteil Ostend Frankfurts, zwischen den U-Bahn-Haltestellen Parlamentsplatz und Habsburgerallee – seit März 2012.

Anna hat uns Fragen zu ihrem veganen Lebensstil und ihrem Café beantwortet:

Was hat Dich dazu bewegt Dein Leben so umzustellen, dass Du ohne tierische Produkte in Deinem Alltag auskommen möchtest? Gab es da einen Schlüsselmoment in Deinem Leben?

Eigentlich fing es mit einer sehr eigennützigen Motivation an. Ich wollte abnehmen und eine Freundin empfahl mir das Buch „Skinny Bitch“. In dem Buch geht es um Veganismus und Massentierhaltung. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Vorher hatte ich mich mit dem Thema nicht großartig beschäftigt und stand dem Veganismus eher kritisch gegenüber. Von einen auf den anderen Tag habe ich dann ganz radikal meinen Alltag umgekrempelt und angefangen rein vegan zu leben. Das war aber tatsächlich eine Typfrage. Bei anderen geht so etwas vielleicht langsamer, aber für mich ist es einfacher direkt ganz auf etwas zu verzichten, als zum Beispiel erstmal den Konsum zu reduzieren – da bin ich etwas radikal.

Von solchen Filmen wie „Earthlings“ halte ich allerdings nicht so viel, der ist mir zu emotional. Dieser Film schürt eher einen Hass auf die Menschen, die weiterhin tierische Produkte konsumieren. Ich bin dagegen eher ein Hippie im Herzen und finde es besser wenn man die Leute eher informativ aufklärt.

Es hält sich ja hartnäckig das Gerücht, eine vegane Ernährung sei nicht gesund? Wie siehst Du das?

In Australien, Amerika und Kanada wurde bereits eine staatliche Ernährungsinformation veröffentlicht, die den Veganismus in jeder Lebenslage empfiehlt, also auch für Schwangere, Kinder und Senioren. Leider sind wir hier in Deutschland noch nicht soweit. Den häufig als Argument genutzten Vitamin B12-Mangel kann z.B. jeder bekommen, unabhängig davon ob er sich vegan oder nicht-vegan ernährt. Ich persönlich gehe einmal im Jahr zu meinem veganen Hausarzt und lasse einen Bluttest machen. Ich bin wirklich sehr glücklich mit meinem Hausarzt, da er mich versteht. Vorher war ich bei einer nicht-veganen Hausärztin und die empfahl mir bei einer Erkältung immer eine Hühnersuppe.

Aber natürlich kann man sich als Veganer auch ungesund ernähren, zum Beispiel nur mit Kuchen und Chips. Die meisten Menschen verwechseln das immer noch und setzen vegan mit gesund gleich. Vegan bedeutet nur, dass es ohne Tierleid hergestellt wurde. Am Anfang habe ich als Ersatzprodukte fast ausschließlich Soja-Nahrungsmittel gegessen. Aber es gibt mittlerweile eine Vielzahl von anderen veganen Nahrungsmitteln, beispielsweise aus Hafer, Kokos oder Nüssen, so dass man sogar als Veganer komplett ohne Soja auskommen kann.

Hast Du manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen?

Ab und zu schon. Es gibt Menschen, die wollen einen überzeugen, dass man sowieso keine 100% schafft. Aber meine Meinung ist, dass man immer eine Wahl hat und für sich Entscheidungen treffen kann – und das tue ich. Auch wenn es anderen so vorkommen mag, als sei es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – ich entscheide mich aber immer für Tierrechte, den Umweltschutz und Menschenrechte. Ich finde diese drei Dinge sollten Hand in Hand gehen.

Sind schon einmal Nicht-Veganer in dein Café gekommen, die total überrascht waren von Deinem veganen Angebot?

Klar. Ich habe schon häufig gehört: „Veganisch? Schmeckt des?“, wenn vegane Gäste nicht-vegane Freunde mitbringen. Dann kommen auch solche Fragen: „Habt Ihr auch normale Milch?“. Ich antworte dann nur: „Bei uns ist Soja-Milch normal!“. Manchmal gibt es dann aber trotzdem welche, die gar nicht erst probieren wollen und dann z.B. nur einen Espresso bestellen. Aber es kommen in letzter Zeit auch häufig ältere Damen aus der Nachbarschaft, die begeistert sind von dem selbstgebackenem Kuchen und zu Stammgästen geworden sind, obwohl sie gar nicht wussten, dass das Kuchenangebot vegan ist.  

Wie bist Du darauf gekommen ein veganes Café zu eröffnen? Und was hast Du davor gemacht?

2011 war ich auf dem „Vegan Street Day“ in Dortmund und vor einem veganen Café stand dort eine riesige Schlange. In diesem Moment dachte ich mir: „Warum gibt es so etwas nicht in Frankfurt?“. Damals war ich noch fest angestellt als Verlagskauffrau bei einer Modefachzeitschrift. Ich war damals erst 1 Jahr Veganerin – habe dann meinen Job gekündigt und entschlossen das Café zu eröffnen. Meine Eltern haben sich damals Sorgen gemacht und mir davon abgeraten. Allerdings waren sie sehr erleichtert, als sie bei der Eröffnung gesehen haben, dass viele Leute vorbeikamen und auch ein sehr gemischtes Publikum mit Familien und Kindern.

Backst Du alle Kuchen selber? Hast Du vorher schon viel gebacken?
Ja, bereits als Kind habe ich immer am Wochenende einen Kuchen zusammen mit meiner Mutter gebacken. Meine Großeltern hatten damals auch eine Bäckerei in Hanau-Steinheim. Mein Lieblingskuchen ist schon seit meiner Kindheit ein Zitronenkuchen.

Ich bereite ihn zu mit:
  • 400 g Dinkelmehl
  • 100g Maismehl
  • 200g Rohrohrzucker
  • 1 TL Zitronenabrieb
  • 1 Päckchen Backpulver
  • 60 ml Olivenöl
  • 70 ml Rapsöl
  • 1 EL Essig
  • 1 Prise Salz
  • 250 ml Orangen-oder Pfirsichsaft
  • 250 ml Wasser
  • Und natürlich Zuckerguss aus ca. 200 g Puderzucker und etwas Zitronensaft

Was macht Dein Café darüber hinaus noch besonders?
Ich achte sehr auf die Qualität der Zutaten. Beinahe alles ist Bio und Fairtrade. Das ist natürlich auch teurer. Bio Dinkelmehl ist zum Beispiel dreimal so teuer wie Weizenmehl. Darüber hinaus bestellen wir jede Woche eine Bio-Kiste bei Bio-Hopper, so etwas macht ja sonst keiner in der Gastronomie. Die meisten kaufen ihre Sachen nur im Großhandel.

Ihr Seid ja sehr gemütlich eingerichtet und auf Eurer Internetseite habe ich auch den Satz gelesen: Sessel, die zum Verweilen einladen. Ist das auch der Gedanke, dass Eure Gäste länger bleiben und genießen?

Ja genau. Viele unserer Stammgäste sagen, dass das „Edelkiosk“ ihr zweites Wohnzimmer ist. Hier können die Gäste auch nur einen Kaffee bestellen und eine Stunde lang bleiben, das stört mich nicht. Viele bringen auch ihren Rechner mit und nutzen unser Wlan um hier zu arbeiten.

Das Edelkiosk ist das erste vegane Café in Frankfurt, warum denkst Du, dass es gerade in Frankfurt so wenig vegane Angebote gibt? Zum Beispiel im Vergleich zu Berlin.

Ich mag Frankfurt, aber klar, in Berlin oder Leipzig gibt es eine viel größere alternative Szene und auch eine viel höhere Dichte und Nachfrage an veganen Angeboten. In Frankfurt gibt es auch einige Restaurant mit veganen Gerichten. Meine Lieblingsrestaurants in Frankfurt sind das vegane Restaurant „CHIMICHURRI“, die „Picknickbank“ (ein marokkanisches Restaurant) und ich gehe gerne Falafel essen im Restaurant „Aroma“.

Die Stadt Frankfurt hat auch schöne Projekte initiiert, wie zum Beispiel die Aktion „Klima-Sparbuch“ oder die Klimagourmetwoche.

Frankfurt ist ja bekanntlich eine richtige Business-Stadt. Kommen zu Euch auch mal Geschäftsleute, die eine vegane Alternative für die Mittagspause suchen (Nähe zur EZB)?

Wir hatten tatsächlich mal einen Stammgast, der in der EZB gearbeitet hat und jeden Sonntag kam. Ansonsten ist unser Publikum bunt gemischt. Wir haben viele Stammgäste aus der Nachbarschaft. Es ist hier sowieso sehr „dorfig”. Viele Nachbarn lassen ihre Pakete hier abgeben und die Änderungsschneiderei nebenan gießt ab und an unsere Blumen der Terrasse. Und manche Nachbarn geben hier auch schon mal ihre Schlüssel für Freunde ab.

Was ist hier im Café Euer Bestseller? Was wird am häufigsten bestellt?

Ganz klar unsere veganen Zimtschnecken. Die backe ich immer am Dienstag und viele Stammkunden kommen extra am Dienstag wegen der Zimtschnecken vorbei. Unter der Woche backe ich immer drei bis vier Kuchenbleche und am Wochenende auch mal bis zu zwölf. Gut kommt auch unser Rüblikuchen mit Soja-Frischkäse und Kokossahne an.

Was sagen eigentlich Freunde, die nicht vegan leben?

Die meisten meiner Freunde sind tatsächlich auch Veganer. Meine beste Freundin ist aber zum Beispiel keine Veganerin. Wenn wir zusammen essen gehen, isst sie aber aus Rücksicht auch immer vegane Gerichte und sie hat mir auch schon vegane Gerichte gekocht, wie zum Beispiel ein leckeres veganes Apple Crumble. Es gibt Freunde, die meine Argumente verstehen aber sagen, dass sie es noch nicht schaffen auf tierische Produkte zu verzichten. Das akzeptiere ich auch. Als ich angefangen habe vegan zu leben, wollte ich meine „neue Entdeckung“ mit allen aus meinem Umfeld teilen. Aber schnell habe ich damals gemerkt, dass sich viele Menschen gar nicht damit auseinandersetzten möchten. Ich versuche niemanden zu belehren, jeder muss das für sich selbst entscheiden.

Was ist über die vegane Ernährung hinaus die größte Herausforderung? Beispielsweise bei veganer Kleidung oder ähnlichem. Wo begegnen Dir immer wieder tierische Materialien, die es einem schwer machen diese zu vermeiden?

Ich war damals ganz erstaunt, als ich erfahren habe, dass Wein mit Gelatine geklärt wird. Das Gemüse, das wir essen ist eigentlich auch nicht vegan, da es mit tierischen Abfällen gedüngt wird. 100 % vegan schafft man tatsächlich nicht. Wenn man ein Teil der Gesellschaft sein möchte, muss man Abstriche machen. Ich kann nur mein Bestes geben, auch wenn das vielleicht nur Kleinigkeiten sind.

Wie hat sich allgemein Dein Konsumverhalten verändert?

Ich kaufe z.B. nur noch Naturkosmetik, da gibt es mittlerweile ein gutes veganes Angebot. Außerdem habe ich mir eine Zahnbürste aus Bambus gekauft, da der Kleber, der bei herkömmlichen Zahnbürsten verwendet wird, nicht vegan ist. Auch der Kleber vieler Getränkeflaschen ist übrigens nicht vegan. Ich möchte so wenig wie möglich online bestellen und lieber kleine, lokale Geschäfte in den Stadtvierteln unterstützen. Leider ist das in Frankfurt teilweise schwierig, da das Angebot nicht so groß ist.

Worauf achtest Du persönlich speziell beim Kauf von Kleidung?

Ich kaufe viel im Second Hand oder im Kleiderkreisel. Schuhe kaufe ich auch mal online bei vegetarian-shoes.co.uk oder Ethletic.com. Mein veganer Lieblingsladen in Frankfurt ist Organic C auf der Bergerstraße. Wenn ich mal in Berlin bin, schaue ich gerne beim Avesu-Store vorbei, die tolle Schuhe aus Kunstleder und Kork anbieten. Bei hessnatur schaue ich auch immer mal wieder. Durch den Tipp einer Freundin habe ich bereits die vegane Unterwäsche aus Bio-Baumwolle bestellt. Es kommen auch immer wieder Stammgäste zu mir und fragen mich nach Adressen in Frankfurt, wo man vegane und biologische Kleidung kaufen kann – leider ist das Angebot hier nicht so groß.

Gibt es etwas, dass Dir wirklich manchmal fehlt und wobei es in Deinen Augen keine zufriedenstellende vegane Alternative gibt?

Nein, sogar im Gegenteil – seit ich vegan lebe, habe ich ganz neue Sachen entdeckt. Selbst ein tolles Weihnachtsgericht kann ich mit veganen Alternativen zaubern. Letztes Jahr habe ich als Festtagsmahl ein veganes Wildgulasch mit Seitan und Soja gezaubert, von dem immer noch alle schwärmen.

Was rätst Du anderen, die darüber nachdenken ihr Leben umzustellen und vegan zu leben?

Einfach mal probieren! Es gibt auch super Blogs mit tollen Rezepten, die einem Ideen geben, wie man tierische Nahrungsmittel ersetzen kann. Meine Lieblings-Blogs sind zum Beispiel www.minimalistbaker.com oder www.veganguerilla.de.

Vielen Dank an Anna! Wenn Ihr das Café „Edelkiosk“ in Frankfurt auch einmal besuchen möchtet, findet Ihr auf ihrer Internetseite noch mehr Infos. Von unserer Seite gibt es auf jeden Fall eine ganz klare Probier-Empfehlung für den saftigen Schoko-Brownie, die leckeren Zimtschnecken und den Haselnuss-Latte – wir kommen auf jeden Fall am Zimtschnecken-Dienstag wieder. Falls Ihr auch da seid, dann grüßt Anna ganz lieb von uns!

Hier findet ihr unsere veganen Lieblingsstücke:DamenHerrenBaby

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Kommentare
  • Barbara ,

    Wir haben hier einen Vöner-Imbiss. Dadurch konnten wir uns sehr an die vegane Küche annähern! Haben auch schon einen veganen Kochkurs gemacht! Toll! Danke für die Tipps im Artikel!

    Antworten
    • hessnatur ,

      Liebe Barbara, freut uns, dass Dir die Tipps gefallen. Danke für Deine Rückmeldung.
      Herzliche Grüße, Dein hessnatur Serviceteam

      Antworten

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